Evol | Email

Die „Mykerinos“-Pyramide

 

Die kleinere Pyramide

Sie ist die kleinste der 3 Giza-Pyramiden. Mit einer Höhe von gut 60 m ist die „Mykerinos“-Pyramide zwar weniger als halb so hoch wie die „Cheops“-Pyramide, aber keineswegs mickrig, wie der Name im deutschen Sprachgebrauch allenfalls suggerieren könnte.

Die Basislänge misst über 100 m. Alleine betrachtet wirkt die „Mykerinos“-Pyramide genauso imposant und erhaben wie die beiden anderen. Und ihr Bau beruht auf denselben technischen Fertigkeiten. Erstmals erwähnt wurde sie von Herodot (um 484 bis 425 v. Chr., siehe Seite 166).

Das untere Drittel der „Mykerinos“-Pyramide war mit Rosengranit verkleidet, der Rest mit dem hellen Tura-Kalkstein.  

Wie die ursprüngliche Verschalung des unteren Teils der „Mykerinos“-Pyramide besteht auch der in den Felsuntergrund hinab führende Gang zum Teil aus dem rötlich-braunen Granit. Von der Granitverkleidung sind an der Basis noch 16 Lagen erhalten, und die Zerstörertrupps des Kalifen Malek al-Azis Othman mussten deshalb über diesen Granitpanzer klettern, um bei den Kalksteinquadern die erste Bresche zu schlagen. Im Jahr 1837 trieb der besessene Engländer Howard Vyse dann mit Dynamit die von Kalif Othman geschaffene Bresche bis in die Mitte der Pyramide voran und sprengte dann den senkrechten Schacht in den Felsuntergrund hinunter, jedoch ohne Erfolg. Den Eingang entdeckte er erst im Juli 1837 an der Aussenwand, doch wie die arabischen Inschriften im Inneren der Pyramide verrieten, kamen ihm andere zuvor. In der „Grabkammer“ befand sich nur noch ein monolithischer Basalt-„Sarkophag“. 

Ende1838 liess John Shae Perring, ein Mitarbeiter von Vyse, diesen 3 t schweren „Sarkophag“ nach England einschiffen, doch der Frachter ging vor der spanischen Küste unter.

 

Die Kammern im Untergrund

Nach 31 m mündet der absteigende Gang in die fast quadratische Vorkammer (3,6 x 3,16 m), die ebenfalls aus Rosengranit-Quadern besteht. Auf der anderen Seite führt der Gang weiter und endet nach 12 m in der grossen Kammer, die 14,2 m lang (Ost-West-Ausrichtung), 3,85 m breit und 4,9 m hoch ist. Von dort zweigen drei weitere Gänge ab: Aus der Nordwand reicht ein langer, blinder Schacht in den Pyramidenbereich hoch. Im Boden führt eine Rampe hinunter in eine kleine Vorkammer, wo sich rechts ein kleiner Raum mit vier Nischen befindet, und geradeaus die „Grabkammer“ mit ihrem Tonnengewölbe. Der dritte Gang, der von der Westwand der grossen Kammer weitergeht, heisst „Passage“. Sie führt in den Deckenbereich über der „Grabkammer“.

In der grossen Kammer fanden die neuzeitlichen Entdecker um den Briten Howard Vyse auch den Deckel eines Holzsarges und einige Knochen in Mumienbinden. Auf dem Deckel waren Inschriften angebracht, unter anderem auch mit dem Namen Menkew-Re (Menkaura, Mykerinos). Von Anfang an war klar, dass es sich nicht um den echten Mykerinos handeln kann, denn der Stil des Sargdeckels und der Inschrift war ganz anders als in der 4. Dynastie. Der Sarg musste aus einer späteren Zeit stammen. Neuere Untersuchungen datieren die Knochen auf die frühchristliche Zeit. Es stellt sich deswegen auch die Frage, weshalb jemand im Frühchristentum in einem ägyptischen „Grab“ bestattet wurde?

Die „Grabkammer“ der „Mykerinos“-Pyramide ist in verschiedener Hinsicht ein bautechnisches Rätsel. Sie ist 6,59 m lang, 2,62 m breit, 3,43 m hoch und, obwohl tief im Felsuntergrund, exakt nach der Nord-Süd-Achse ausgerichtet. Die Wände, der Boden und die gewölbte Decke bestehen aus dunkelbraunem Granit, der besonders hart und schwer ist. Das Decken-gewölbe bilden 9 gegeneinander gekippte Plattenpaare, die von unten her zu einer Rundung ausgeschliffen wurden. Eine gewölbte Granitdecke ist schon aussergewöhnlich, vor allem weil der verwendete Granit selbst mit Eisen kaum zu bearbeiten ist und die Ägypter damals nur über Kupferwerkzeuge verfügten. Doch wie sind die schweren Granitplatten, die 2–3 t wiegen, in ihre Position gebracht worden?!

Da sich die „Grabkammer“ im Felsuntergrund befindet, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wurden die Platten durch die Passage in den oberen Teil gebracht oder von unten hochgehievt. Die Platten der Giebeldecke reichen am unteren Ende etwa 1 m über die Seitenwände der Kammer hinaus und sind im entsprechend ausgehöhlten Felsen fest verankert. Die Granitplatten müssen paarweise montiert worden sein. Waren sie unten in die Verankerung eingefügt, mussten sie miteinander hochgehoben werden, um sie dann gegeneinander zu kippen. Die Dachaushöhlung im Felsen ist sehr niedrig. Wenn die schweren Granitplatten durch die Passage direkt dorthin gebracht wurden, stellt sich die Frage, wie sie über die 3 m tiefe Kammeraushöhlung auf die andere Seite gehievt werden konnten? Sowohl der Raum im Dachbereich wie auch in der Kammer unten war zu klein für die erforderliche Anzahl Arbeitskräfte. Weshalb diese Schikanen, was wurde mit solchen unterirdischen Megalith-Anlagen bezweckt? 

Unter der kleineren Pyramide liegt somit die wohl aufwendigste und komplizierteste unterirdische Anlage, denn diese liegt unterhalb der Bodenfläche und wurde vollumfänglich aus dem  Felsuntegrund herausgeschnitten. Das heisst, dass – wie bei der mittleren Pyramide – keine Kammern innerhalb des eigentlichen Pyamiden-Korpus liegen. 

Nur die grosse Pyramide birgt viele Kammern in ihrem Innern, dafür nur eine grob bearbeitete Kammer unter der Bodenfläche im Felsuntergrund. 

.

 

Dies ist ein Auszug aus dem Buch GIZA VERMÄCHTNIS.